Ihr Menschen, die ihr mit den Massen kommuniziert, ohne sie kontrollieren zu können. Lasst euch sagen: Alles wird gut!
Eine gute Idee ist der Anfang von allem.
NICHT NUR SCHÖN, SONDERN VOR ALLEM SCHLAU.
Zu viele Kommunikatoren in Redaktionen, Werbeagenturen, PR-Agenturen haben sich zu lange darin gefallen, sich selbst und ihre Kreativität zu zelebrieren. Das war so lange erfolgreich, wie die Zielgruppen keine Auswahl hatten. Drei TV-Stationen, ein halbes Dutzend überregionaler Tageszeitungen, analoges Radio. Heute habe ich rund um die Uhr Zugang zu interessanter Kommunikation im Medium meiner Wahl.
Glänzend lackiert und perfekt geschminkt reicht nicht mehr.
Werfen wir einen Blick auf Werbung, dem bisherigen Herzstück der Unternehmenskommunikation. Werbung für Unternehmen war früher blond und schön. Aber oft eben auch ein bisschen doof. Filme und Anzeigen waren toll gestaltet, von teuren Fotografen und Regisseuren umgesetzt. Unsere Zukunft wird aber viel mehr Sein und viel weniger Schein sein. Heute darf es zwar immer noch blond und schön, muss aber vor allem schlau sein.
Intelligenz schlägt Glamour.
Das bedeutet natürlich nicht, dass wir in Zukunft nur noch mit dröger, humorloser Anpreisung unserer Anliegen durchkommen. Im Gegenteil: Um in der Info- und Kommunikationsflut durchzudringen, braucht es mehr denn je kluge, kreative, überraschende, spannende, berührende Ideen. Wer nicht interessant ist, interessiert nicht und wird gnadenlos weggeklickt.
Kreativität schlägt Intelligenz.
Daher ist für eine Kommunikationsagentur heute Intellekt entscheidender als Glamour, Durchdringung wichtiger als der spontane Witz. Nicht nur Werbespot und Website müssen durch und durch kreativ sein. Auch die intellektuelle Vorarbeit – die strategische Analyse, die Zielgruppenauswahl, die Mediaplanung müssen voller Kreativität und Orginalität sein.
Emotionalität schlägt Kreativität.
Das wiederum bedeutet die Rückkehr von echter Emotionalität, Wahrhaftigkeit und gesundem Menschenverstand in die Kommunikation. Denn am Ende steht natürlich doch das, was in der Kommunikationsbranche schon immer am wichtigsten war: die Menschen emotional zu berühren und zu bewegen.
GLOBAL DENKEN, SLoMo! HANDELN
Global denken, sozial, lokal und mobil handeln: das ist die Zukunft. Dezentrale Kommunikation bei vernetztem Denken und vernetzten Strukturen. S(ocial)-Lo(cal)-Mo(bile), der sogenannte Dreiklang der vernetzten Gesellschaft, wird sich in allen Denk-und Arbeitsprozessen des Marketings abbilden.
Social: „Märkte sind Gespräche“ war eine der zentralen Thesen des Clue-Train-Manifesto von 2001. Bewahrheitet hat sich diese aber erst durch die Vernetzung von Internet und sozialen Medien. Dafür aber mit umso stärkerer Wirkung. Heute kann Ziel der Kommunikation fast nur noch das Auslösen von Gesprächs- und Unterhaltungsthemen sein. Frontalbeschallung mit Botschaften zum Beispiel über Plakate oder Fernsehspots ist dabei nur noch ein ergänzendes Kommunikationsinstrument.
Local: In einer globalen Welt wächst die Sehnsucht nach Nähe. Das gilt für Menschen wie für Marken. Daher wird lokale kommunikative Präsenz immer wichtiger. Erst der Coca-Cola-Truck oder der Apple-Store machen aus abstrakten Produzenten anfassbare, nahe Marken.
Mobile: Die durchmobilisierte Gesellschaft, die durch Erfindung des Mobiltelefons entstanden ist, ist zwar etwas weniger im Blick der Tagespresse, aber hat dafür einen noch stärkeren Einfluss auf moderne Arbeits- und Lebensweisen. Denn mobil heißt schnell und überall sein.
Und diktiert damit auch das Tempo der Kommunikation.
BEING BRAVE.
Malcolm Gladwell sagt: Die Welt gehört nicht nur den Kopierern aus Shenzen, sondern vor allem den Tweakers – Adaptierern, Modifizierern und Verbesserern von Vorhandenem. Wie Steve Jobs von Apple, der den Computervereinfachte,oderdieGründervonGoogle, die eine bessere Suchmaschine als Alta Vista programmierten.
Fail fast and fix it.
Das Gleiche gilt für moderne Kommunikation. Einpassen, Anpassen, Weiterentwickeln. Entwickle eine kühne, interessante Idee, passe sie kontinuierlich den Bedürfnissen der Zielgruppe an und verbessere sie unablässig weiter. Denn technisch-organisatorische Vorsprünge dauern in einer total globalen Welt mitunter nur wenige Monate. Dabei ist natürlich vor allem Mut gefordert. Denn bei unvollständiger Informationslage und unklaren Vorhersagen muss man auch mal einfach machen. Statt zu warten und vom Techno-Tsunami, vom Wettbewerb überrollt zu werden. Oder wie Jonah Lehrer sagt: „Instead of avoiding failure, fail fast and fix it“.
DIE STUNDE DER (SCHEINBAR) EINFACHEN ANTWORTEN.
Wenn die Welt da draußen immer komplizierter wird, schlägt für gewöhnlich die Stunde der großen Verführer, der wortgewaltigen Simplifizierer – und der verzweifelten Suche nach den einfachen Antworten.
Nun, da müssen wir alle enttäuschen: Auch wir haben die Antwort nicht. Weil die Zeiten der einfachen Antworten in der hochkomplexen Welt von heute endgültig vorbei sind.
Die Eurokrise, die Lehman-Pleite, die genauen Zusammenhänge der vernetzten Welt, wieso gibt es zwar GPS, aber keine Medikamente gegen Krebs – es ist kaum jemand in der Lage, uns all dies an einem Abend plausibel zu erklären.
Weil es zu den Problemen von heute eben keine einfachen Lösungen gibt, überzeugen uns weder Politiker, noch Unternehmer, Manager, Banker. Noch Militärs, Professoren, Künstler, Musiker oder Schriftsteller mit ihren Paketlösungen.
Die Menschen lieben aber einfache Wahrheiten.
Das Problem für uns in der Kommunikationswirtschaft: Menschen lieben einfache Antworten. Oder viel mehr: sie sehnen sich danach. Nach der Erklärung aller Weltprobleme in einem dreiminütigen Popsong. Daher lautet unser Lösungsweg: Marken, Verbände, Institutionen müssen die Menschen dauerhaft und eng an die Hand nehmen. Ehrlich, nachhaltig, substantiell, interessant und wahrhaftig mit ihnen kommunizieren. Damit schaffen sie die Basis, dass die nach einfachen Antworten suchenden Menschen auch ihren komplexen Themen zuhören.
Es ist wie beim Fußball:
Fußball war mal ein einfaches Spiel. Der Talentierteste und Effizienteste gewann auch meistens. Früher die Ungarn, dann die Brasilianer, später die Deutschen, heute die Spanier und jetzt wieder dir Deutschen. Aber selbst der Fußball wird immer komplizierter. Es geht nicht mehr nur um Talent und Kreativität. Heute macht die Spielintelligenz den Unterschied.
Fussball ist keine Einzelsportart.
Früher kam es ganz stark auf einzelne Stars, Leader, Superkünstler an: Pelé, Beckenbauer, Cruyff, Maradona. Sie stellten Mannschaften auf, bestimmten, wer wie, wann, wo zu spielen hat. Sie trugen Namen wie Kaiser oder König. Es war auch wichtig, tolle Tricks auf Lager zu haben und den Ball besonders kunstvoll anzunehmen. Brasilien war ganz vorne. Ähnlich in der Kreativbranche: Der abgefahrene Art Director, die Edelfeder der Redaktion, der Texter, der lauter witzige Fernsehspots drehte, waren die Stars. Schließlich war Kreativität ein wertvolles, knappes, seltenes Gut.
Kreativität als Grundvoraussetzung.
Heute ist Kreativität ubiquitär und mit einem Klick bei YouTube jederzeit zu haben. So wie Ballbeherrschung beim Fußball. Eine Selbstverständlichkeit für jeden Profi. Natürlich gibt es sie aber auch heute noch: die herausragenden Spielentscheider, die Messis, Ronaldos, Özils oder Rooneys.. Die, die mit einem Steilpass oder einer eleganten Bewegung ein Spiel entscheiden. Der Unterschied zu früher: Sie sind nur einer von Vielen, sie sind Teil eines Mannschaftsgefüges, sie sind erst Teamplayer dann brillante Solisten.
Die Mannschaft der Stars.
So kommt es auch in der Kommunikationsbranche. Die technische Exzellenz ist bei allen da. Natürlich gibt es ein paar wenige Superstars, die aber im Gegensatz zu früher auch mal den Ball im eigenen Strafraum holen. Oder gar auf der Bank sitzen und anfeuern.
Total Creativity Approach.
Es ist also – beim Fussball wie in der Kommunikationsbranche – ein allumfassender kreativer Angang auf allen Ebenen gefragt. Talentierte, kreative Spieler sind das Eine. Der richtige Trainer und Stab, die eine intelligente, überraschende, wirkungsvolle Spielphilosophie entwickeln das Andere. Beim Training, bei der Vorbereitung, auf dem Platz und nach dem Spiel. Erst wenn all diese Elemente zusammenpassen, hat man heute die Chance, ins Halbfinale zu kommen oder Weltmeister zu werden. So kompliziert ist der Fussball geworden.
Aber man kann es auch positiv ausdrücken: Wir in der Kommunikation müssen heute so arbeiten, wie der FC Barcelona spielt. Dann macht das Zuschauen auch Spass. So einfach ist das.
Lesen: How Soccer Explains the World: Franklin Foer, An Unlikely Theory of Globalization, 2004.